Witzwort vertellt

65: Eine geniale Kaufmanns-Idee: Gnusamkeit

Über den Kaufmannsladen am Kirchspielplatz haben wir schon öfters berichtet (z.B. Witzwort vertellt Nr. 49). Heute geht es um eine clevere Idee, durch die der Kaufmann im Vorcomputerzeitsalter immer genau wusste, wie groß sein Verhandlungsspielraum bei Preisnachlässen war.

Auf dem Etikett an der Ware stand nicht nur der Verkaufspreis, sondern in versteckter Form auch der Einkaufspreis. Max Dircks, der den Laden von 1923 bis 1965 betrieb, hatte sich dazu das Wort „Gnusamkeit“ ausgedacht. Die 10 verschiedenen Buchstaben standen für die Ziffern 1-9 und 0. Also: G = 1, N = 2, U = 3, usw.

Ein Beispiel: Kostete eine Ware im Einkauf 10,45, so standen auf dem Etikett die Buchstaben GTSA über dem Verkaufspreis von 14,95. Wollte der Kunde einen Rabatt raushandeln, so sah der Kaufmann mit einem Blick, wie weit er ihm entgegen kommen konnte. So konnten auch elegant Ladenhüter losgeschlagen werden, indem die Kaufleute notfalls bis zum Einkaufspreis runtergingen.

Elke und Klaus Thoms, die seit 1965 den Edeka-Laden führten, behielten dieses Prinzip bis zum Schluss bei. Es war einfach und funktional. Konnte man mit einem Rabatt den Kunden glücklich machen und sich selbst auch, weil noch ausreichend Gewinn zurückblieb, so empfanden die Kaufleute bestimmt gelegentlich ein wohliges Gefühl, das mit dem Wort Gnusamkeit wunderbar umschrieben wäre. Klaus Thoms erinnert sich, dass Heini Alberts ihn einmal fragte, was die Buchstaben bedeuten. Aber er hat ihm das Geheimnis nicht verraten.

Das Bild zeigt rechts das Gnusamkeits-Prinzip, links eine von Max Dircks 1928 ausgestellte Rechnung (Nota) über 5 Pfund Zucker, Pfeffer, Canehl (Stangenzimt), 4 ½ l Essig(wein?). Kunde war die Familie Jens, in deren Steuererklärung die Quittung einging. Die alten Unterlagen fand Hansi Radtke auf einem Flohmarkt in Koldenbüttel.

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