Witzwort vertellt

67: Witzwort und das Wasser

„Erst 1961 hatten wir eine komplette Badestube“ erinnert sich Inge Claussen.

1954 wurde die Trinkwasserleitung von Rantrum aus über die Südermarsch, den Ingwershörner Deich und den Nordenderweg bis ins Dorf verlegt. Bis 1958 war das ganze Dorf angeschlossen. Einige der Arbeiter kamen aus Berlin und haben im Süden gewohnt (Süden 8). Auch Männer aus dem Dorf arbeiteten mit, so z.B. Ernst Radtke (Ingwershörner Deich 2). Mittagessen gab es immer in Beckers Gasthof (Glockensteg).

Vorher holte man das Wasser aus Pumpen auf den eigenen Grundstücken, die nur auf den großen Bauernhöfen elektrisch betrieben wurden. Die Brunnen bohrte Johannes Berner vom Porrendeich in Uelvesbüll: „Berner mit der Wünschelrute“. Das Wasser war aber teilweise sehr schlecht, abhängig von der Lage und der Tiefe des Brunnens. Im Dorf gab es drei öffentliche Brunnen: Eine Pumpe stand auf dem Kirchspielplatz, eine an der Eiche und eine dritte auf dem Rosenmarkt, der damals noch Luusmarkt hieß. Der Bau der Trinkwasserleitung brachte für die meisten Dorfbewohner höheren Komfort: weniger Laufen und Schleppen und besseres Wasser. Bernhard Grage, einer der großen Bauern im Dorf, meinte allerdings: „Dat bruk wi nich“.

Wenn jemand Wasser von der Kirchspielplatz-Pumpe holte, frotzelte man wegen der Nähe zum Friedhof: „Willste Liekenwasser drinken?“ Das war aber völlig unbegründet, denn die Pumpe zog das Wasser aus dem Bereich unterhalb der Lehmschicht, auf der die Kirchenwarft liegt. Einige schworen darauf, dass die Pumpen unterschiedlich gutes Wasser förderten: So holte Hannes Rathje sen. sein Trinkwasser immer von der Pumpe an der Eiche, „weil das besser schmeckte“. Ingrid Hansen berichtet, dass das Wasser aus ihrer Pumpe auf dem Polsterhof im Süden zu eisenhaltig war. Für Tee, Kaffee und für die Wäsche holten sie deshalb ebenfalls das Wasser von der Eiche. Oder aber das Kondenswasser aus der Meierei – das war ganz sauber.

Die zentrale Kanalisation und die Kläranlage entstanden erst 30 Jahre später. Solange gehörte der „Goldeimer“ mit ins Dorfbild. Bis 1988 wurden alle Haushalte im Dorfkern angeschlossen – im Außenbereich gibt es heute noch Klärgruben.

Das Foto zeigt Witzworter Kinder bei der „Baustellenbesichtigung“ Ende der 1950er Jahre vor den Häusern Dorfstraße 28 bis 32, hinten sind die beiden Eckhäuser des Rosenmarktes zu sehen.

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