Witzwort vertellt

89: Wandgestaltung im Eiderstedter Hof – zum Glück dokumentiert

Im Eiderstedter Hof befanden sich aufwändige Wandmalereien, die durch den Abriss 2014 zerstört wurden.

Im November 2014 wurde der Eiderstedter Hof abgerissen. Die Gastwirtschaft lag direkt am Witzworter Bahnhof. Nach schweren Sturmschäden konnte das Gebäude nicht mehr gerettet werden. Die Besitzer hatten im Rahmen der Sanierungsarbeiten 2008 zwei Restauratorinnen beauftragt, die Wandmalereien in den Fluren und Zimmern zu erfassen und einen Vorschlag zu ihrer Erhaltung bzw. Rekonstruktion zu machen. Diese Dokumentation fand nun den Weg ins Witzworter Archiv, worüber wir sehr dankbar sind - können wir so doch die Erinnerung an diese eindrucksvolle Raumgestaltung wachhalten.

Den Eiderstedter Hof erbaute um 1905 John Alberts Lorenzen. Er hoffte auf viele Gäste durch die Lage am neuen Bahnhof. An Geld - seinem eigenen bzw. dem seines Vaters - hat er beim Bau nicht gespart. Die Grundfläche des zweigeschossigen Gebäudes betrug fast 230 m², zur Bahn erstreckte sich eine breite überdachte Terrasse. Im Erdgeschoss befanden sich zwei Gasträume (50 bzw. 46 m² groß), eine Küche und zwei weitere Räume, im ersten Stock die geräumige Wohnung für die Familie mit großer Diele, wie sie in den Haubargen üblich war. Nach John Lorenzens Tod im Jahr 1915 musste die Familie die Gastwirtschaft verkaufen.

Alle Wände und teilweise die Decken waren aufwändig mit Schablonenmalerei dekoriert. Jeden Raum schmückten unterschiedliche Motive: Weinblätter und -trauben, Lilien-, Nelken- und Mohnblüten. Die Restauratorinnen schwärmten davon, dass man die Zimmer nach den Motiven benennen (z.B. „Lilienzimmer‟) und wieder hergestellter Wanddekoration und der Dokumentation der Baugeschichte und auch kunstinteressierte Feriengäste anlocken könnte.

Mehrere Schichten der Wandbemalung fanden die Restauratorinnen. Die unterste, also die aus der Bauzeit, wies das höchste künstlerische Niveau auf. Die Ornamente im zeitgenössischen Jugendstil wurden mit mehrschlägigen Schablonen hergestellt. Mehrschlägig bedeutete, dass das Motiv aus Teilelementen in verschiedenen Farben zusammengesetzt wurde. Die einrahmenden Linien (sog. Begleiter) wurden freihändig gezogen. Handwerkskunst vom Feinsten! Ob Witzworter Maler diese Arbeiten durchgeführt haben, wissen wir leider nicht.

Die abgebildeten Motive aus der Bauzeit beschrieben die Restauratorinnen so (von links):

Kleine Diele (Obergeschoss, Eingangsbereich Außentreppe): Auf hellockrigem Fond fünf graugrüne Wellenlinien, hellgrüne Blätter, Nelkenblüten verlaufend von Graugrün zu Rotbraun.

Zimmer (Obergeschoss, zur Terrasse hin): hellgrüner Deckenfond, Jugendstilmotive in den Ecken mit jeweils drei großen rosafarbenen Lilien in zwei Farbschattierungen.
Flur (Erdgeschoss): Auf grünlichem Hellgrau mehrere Blumenbouquets. Sehr aufwändig, viele Farbtöne, bis zu acht Schläge. Die Farben überlagern sich zum Teil und bilden dadurch weitere Farbnuancen, „lockere, nahezu expressive Gestaltung‟.

Gastraum (Erdgeschoss): Wandfond gelblich-hellgrau, Fries aus dunkelgrünen Weinreben und -blättern sowie zweifarbigen Weintrauben (Hellrot, rötliches Blaugrau), Streifen rötlich dunkelbraun.

Quelle: Kristin Goda, Stephanie Silligmann: Befundsichereung der Wand- und Deckengestaltungen in der Gaststätte Eiderstedter Hof zu Witzwort, November 2008

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