Witzwort vertellt

15. Werbung mit der damals neuesten Technik: Die Dampfbäckerei in der Dorfstraße

Am Haus Nr. 19 in der Witzworter Dorfstraße ist über der Eingangstür eine weiße Fläche zu sehen, auf der nur schemenhaft ein Schriftzug erkennbar ist. Aber er lässt sich entziffern! Zum Vorschein kommt: „Dampfbäckerei von Joh. Cr. Olesen“.

Olesen war Pächter des Hauses im Zeitraum zwischen 1955 und 1959. Eine Bäckerei gab es hier schon am Ende des 19. Jahrhunderts. Bäcker Schütt war als Wanderbursche „hängengeblieben“ und heiratete die Tochter des damaligen Besitzers Frenzen. Ab den 1930ern bis in die 1950er Jahre führte Ernst Sachau die Bäckerei. Später verpachtete er sie zunächst an Claussen, dann an Olesen. Der letzte Bäcker in diesem Haus war Meinke, der bis zum Beginn der 1960er Jahre das Geschäft führte.   

Der Dampfbackofen stellte Ende des 19. Jahrhunderts die Revolution im Ofenbau dar: Heizraum und Backraum waren getrennt, so dass ein kontinuierliches Backen möglich war. Zuvor bestanden die Backöfen über Jahrtausende nur aus einem Raum. In solchen traditionellen Öfen brennt zunächst ein Holzfeuer. Dann werden die Glutreste ausgeräumt und das Backgut wird eingeschoben. Die Backhitze entsteht durch die Wärme, die in den Ofenmauern gespeichert ist. Anders im Dampfbackofen: Dort wird Wasser in geschlossenen Rohren im Heizraum zu Dampf erhitzt. Diese wasser- bzw. dampfgefüllten Rohre ragen in den Backraum hinein und erzeugen hier die Backhitze.

Neben dem Vorteil, dass man ohne Pausen und Temperaturabfall backen konnte, war es beim Dampfbackofen auch möglich, andere Brennstoffe als Holz einzusetzen, weil die Emissionen des Heizmaterials nicht mit dem Backgut in Verbindung kamen. Mit dem Dampfbackofen konnte der Bäcker mehr produzieren und auch Brennstoffkosten sparen. Seine Kunden freuten sich über mehr Auswahl und gleichbleibende Qualität. Viele Bäckereien warben daher in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts mit dem Begriff „Dampfbäckerei“ auf ihren Firmenschildern.

Es ist denkbar, dass der Schriftzug „Dampfbäckerei“ von Sachau angebracht wurde. Der Name Olesen wurde wahrscheinlich später ergänzt. Dafür spricht, dass eine andere Schrift verwendet wurde und ein älterer, übermalter Schriftzug zu erkennen ist. Das obere Foto zeigt einen Ausschnitt der heutigen Hausfassade, das untere eine Rekonstruktion, wie der Schriftzug ausgesehen haben könnte.

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