Witzwort vertellt

72: Walter Nissen und der Kälberstall

2014 bot die Witzworter Grundschule das Projekt „Ich und mein Dorf“ an.

Die neun Schülerinnen und Schüler der dritten und vierten Klasse bekamen während der Projektwoche Besuch von Inge Claussen und Klaus Thoms aus der Archivgruppe, die erzählten, wie es früher im Dorf war, z.B. dass es keine Pampers gab, keine Plastiktüten, um den Einkauf einzupacken und kein Auto, um die Waren nach Hause zu bringen. Johannes Rathje zeigte den Kindern die Schmiede und half bei der Bearbeitung des glühenden Roheisens. Beim Gang durch die Dorfstraße wurde erkundet, was heute noch an die vielen Geschäfte und Handwerker erinnert, die es früher dort gab. Und im ehemaligen Kälberstall bei Walter Nissen konnten alte landwirtschaftliche Geräte bewundert und zum Teil sogar ausprobiert werden.

In diesem Kälberstall hatte Walter Nissen im Laufe der Jahre ein kleines Museum eingerichtet mit einer umfangreichen Sammlung alter Gerätschaften, aber auch einfach mit Dingen, die ihm gefielen, z.B. schöne Steine oder Bilder und ganz viele alte Gewichte. Am 12. April 1940 wurde er auf dem Hof geboren, auf dem er bis zuletzt lebte. Nachdem der Vater 1981 auf einer Spanienreise gestorben war, wohnte er dort zusammen mit seiner Mutter – bis zu ihrem Tod 2007. Seine landwirtschaftliche Lehre hatte er bei Heinrich Alberts sen. im Süden gemacht. Die eigene Landwirtschaft betrieb er bis in die 1990er Jahre. Danach verpachtete er seine Flächen und sorgte noch jahrelang in der Raiffeisenhalle für Ordnung.

Walter Nissen war ab 1967 fast vierzig Jahre lang bei der Feuerwehr aktiv, seit 1982 als Gruppenführer. Er engagierte sich für den Westküstenmarsch und regte die Adventsfeier der Witzworter Feuerwehr an. „Spaß konnte man mit ihm haben“, erinnert sich sein Nachbar Jens Röhe – was man auch auf dem Foto sieht, das ihn beim Kartenspielen auf der Adventsfeier zeigt (v.r.n.l.: Walter Nissen, Heinrich Alberts, Ferdinand Dircks, Johannes Rathje).

Im Kälberstall trafen sich regelmäßig die Jäger, zu denen Walter Nissen auch gehörte. Mit anderen Hegering-Mitgliedern unterstützte er jedes Jahr die Schulkinder beim Bau von Nistkästen. Als wir ihn 2014 mit der Projektgruppe besuchten, erklärte er uns die verschiedenen Geräte: Die Sichte zum Kornhauen, Sodenstecher und Schaufel, die Tragevorrichtung für die Milchkannen und auch die Kaffee-Lesemaschine, die auf irgendwelchen verschlungenen Wegen zu ihm gefunden hatte. Die Kinder kriegten Antworten auf alle ihre neugierigen Fragen, wie: Hast Du keine Frau? Und keinen Hund? Und auch keine Katze? Das konnten sie sich nicht vorstellen, dass jemand zufrieden damit ist, allein zu leben. Im August 2018 nahm sich Walter Nissen das Leben, nachdem er eine Krebsdiagnose erhalten hatte.

Foto Kartenspieler: Freiwillige Feuerwehr Witzwort

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